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Stellungnahme der FDP zum Entwurf des Radverkehrskonzeptes

Carsten Willnecker, Stefanie Jung

Vorbemerkung

Der Gegensatz „Rad oder Auto“ ist endgültig überholt, beide Verkehrsmittel haben und behalten ihre Berechtigung. Während zum einen weiter daran gearbeitet werden muss, den Autoverkehr umweltverträglicher zu gestalten, ist zum anderen planungstechnisch der Radverkehr stärker zu berücksichtigen.

Bisher ist der Radverkehr vielfach nur „begleitend“ angelegt (Radwege neben einer Straße), seine Stärke entfaltet er aber auf Strecken, wo man mit dem Auto nicht hinkommt oder zu oft im Stau steht. Das darf aber nicht dazu führen, Autofahrer auf bestehenden Verkehrswegen durch künstliche Hindernisse zu schikanieren, wozu auch die Anlage von zu vielen oder zu großen temporeduzierten Zonen gehören würde.

 

Aus unserer Sicht muss ein nicht notwendig mit dem Straßennetz übereinstimmendes Netz von Radwegen erhalten und ausgebaut werden, was aber nur da möglich ist, wo keine großen landschaftlichen Eingriffe notwendig sind, um neben bereits bestehenden Trassen zusätzliche Radwegtrassen zu bauen.

Privilegierung des Fahrrads für den Nahverkehr

Es bestehen Überlegungen der Landesregierung, im Nahverkehr das Fahrrad zu einem privilegierten Verkehrsmittel zu machen, so dass die Benutzung des Automobils zu kurzen Fahrten stark eingeschränkt werden könnte.

So betont das Konzept Nahmobilität 2.0 die Notwendigkeit vorausschauender Stadtplanung und Verkehrsentwicklungsplanung unter stärkerer Berücksichtigung des Radverkehrs.

Wir sind gegen jeden Versuch, die Autofahrer zum Umsteigen auf das Fahrrad zu zwingen. Soweit aber bei neuen Bauvorhaben zwanglos eine gesonderte und ggf. zeitsparende Lösung für den Radverkehr eingearbeitet werden kann, halten wir diese Idee für sinnvoll.

Planungsgrundsätze

Bei neuen Bauvorhaben ist zukünftig nicht nur an die Erreichbarkeit mit dem Auto zu denken, sondern auch an die Erreichbarkeit mit Fahrrädern und Pedelecs, die ggf. auch auf separaten Wegen erfolgen kann. Für beide Verkehrsmittel sind dann entsprechende Stellplätze oder Unterstellmöglichkeiten vorzusehen.

Ein Beispiel dafür könnte die geplante Campus-Magistrale als eine zentrale separate Radwegverbindung mit Anbindung an die B 56 über die Rampe an der Haltestelle Zentrum werden. Dazu müsste aber die Frage der Fahrradnutzung der Marktplatte geklärt werden.

Die geplante Verbindung wird nur dann attraktiv sein, wenn die Radfahrer auf irgendeine Weise über die Marktplatte fahren dürfen. Es kann nicht sein, dass man von ihnen verlangt, auf diesem Teil ihres Weges abzusteigen und das Rad zu schieben. Möglicherweise kann ja bei der anstehenden Neugestaltung der Marktplatte eine spezielle Fläche für die Nutzung durch Radfahrer geschaffen werden.

Fahrradstraßen

Schnelle Radwege durch Sankt Augustin hindurch sind vorsichtig zu planen, da sie vor allem zu weiterem Transferverkehr führen könnten, wenn es keine ausreichenden Halte- und Verknüpfungspunkte gibt.

Wiederholt wird in diesem Zusammenhang vor allem von Seiten des Rhein-Sieg-Kreises die Behauptung in den Raum gestellt, die Stadt Sankt Augustin habe sich nur aus finanziellen Gründen gegen die Pläne für eine Fahrradstraße entlang der Straßenbahntrasse Bonn-Siegburg der Linie 66 ausgesprochen. Die Bedenken der FDP sind hier aber grundsätzlicher Art.

Das Konzept von „Fahrradstraßen“ erfordert, wenn man die Bezeichnung tatsächlich ernst nimmt und dort auch Überholungs- und Begegnungsverkehr möglich machen will, ähnlich viel Raum wie neue Straßen. Eine wirkliche Entlastung wäre nur durch eine geeignete Trasse für die privilegierte Nutzung durch den Radverkehr möglich gewesen.

Dazu können nicht bereits bestehende Wege können einfach umettikettiert werden, wie es bei den Plänen zu der Trasse Bonn-Siegburg entlang der Linie 66 der Fall gewesen wäre.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der bestehenden Beschlusslage irritiert der Versuch der Verwaltung, ein Teilstück dieser Planung in das neue Radverkehrskonzept aufzunehmen, indem die Gottfried-Keller-Straße, die Dornierstraße und die Bachstraße (S. 14 d. Vorlage) entsprechend markiert werden sollen.

Daher lehnt die FDP auch die in dem Entwurf enthaltene Teilstrecke ab.

Zu dem oben Gesagten kommt noch das Problem, dass direkt nach dem Sankt Augustiner Stadtgebiet in Vilich-Müldorf bekannte Gefahrenstellen wie der nötige Seitenwechsel an der Haltestelle der Straßenbahn bestehen. Dieses könnte durch das Konzept nicht gelöst werden.

Alternativverkehr oder Zubringerfunktion?

Das Konzept muss nach unserer Ansicht sowohl das eine als auch das andere beachten, daher die hohe Bedeutung von Verknüpfungspunkten und deren Gestaltung.

Im besten Fall verzahnen diese Punkte den Individualverkehr mit Auto oder Fahrrad und den ÖPNV zu gegenseitiger Zufriedenheit.

Das Problem ist aber mit den baulichen Voraussetzungen alleine nicht gelöst, wenn nicht der ÖPNV die Möglichkeiten verbessert, z.B. ein Fahrrad mitzunehmen. Ob ein Radfahrer sein Fahrrad im Bus mitnehmen kann, entscheidet bisher oft die beschränkte Kapazität. Wenn ein behinderter Fahrgast mit einem großen Rollstuhl oder ein Kinderwagen mitgenommen werden muss, bleibt für den Radfahrer in den derzeit vorherrschenden Bussen kein Platz mehr. Da nützen dann auch die besten Verknüpfungspunkte nichts mehr.

An der Haltestelle Zentrum ist im Übrigen nach wie vor keine offizielle „Kiss and Ride“-Zone eingerichtet, der kurzfristige Halteverkehr zum Hinbringen und Abholen findet bislang meistens in den Busbuchten oder aber auf der Fahrbahn statt.

Benutzungspflicht und „andere“ Radwege

Die FDP unterstützt den Ansatz der Verwaltung, die Benutzung der Straßen für Radfahrer dort, wo nach der neuen Rechtslage und der neuen Rechtsprechung eine zwingende Verweisung auf die bestehenden Radwege nicht mehr zu rechtfertigen ist, zu erlauben.

Die Einrichtung von Schutzstreifen dient dabei der Sicherheit der Radfahrer.

Begleitend sollte jeweils eine umfassende Information der Rad- und der Autofahrer erfolgen.Vielen Autofahrern ist immer noch nicht bewusst, dass der Radfahrer in diesen Situationen frei wählen darf, ob er den Radweg oder die Straße benutzt. Entsprechend rechnen sie nicht mit diesem Verhalten der Radfahrer.

Die vorgesehene Markierung von Schutzstreifen oder andernfalls die mit Fahrrad- Symbolen als Hinweis für die Autofahrer wird insofern begrüßt. Das ist auch ein Hinweis für die Autofahrer, dass sie hier in Zukunft mit Fahrradverkehr rechnen müssen.

Bei dieser Lösung müssten allerdings Querungen der Straßen sehr sorgfältig geplant werden, um dort nicht neue Gefahrenpunkte zu schaffen.

Beispielsweise ist in Birlinghoven die Querung der Pleistalstraße in Richtung Schlossstrasse vorgesehen. Die Radfahrer sollen dafür auf dem Scheitelpunkt einer Kurve von der rechten Fahrspur auf die Schloßstrasse wechseln.

Da der erhoffte Kreisel hier wohl in absehbarer Zeit nicht kommen wird, ist eine solche Lösung unpraktikabel. Eine mögliche Alternative wäre die Regelung, am Überweg im Ort den Wechsel auf die andere Seite und die Benutzung des Radweges auf der anderen Seite oder des Mühlenwegs vorzuschreiben bzw. zu empfehlen.

Ausgleich mit anderen Verkehrsteilnehmern

Bei allen Bemühungen, Konflikte zwischen Autofahrern und Radfahrern zu vermeiden, darf die Gruppe der Fußgänger nicht übersehen werden. Gegenüber einem Fahrrad, speziell einem schnellen modernen Rad, ist der Fußgänger deutlich in der Defensive und kann sich bedrängt fühlen.

Infolge des Aufrufes an die Öffentlichkeit zur Mitarbeit an diesem Konzept wird die Verwaltung sicher viele Hinweise auf Problemstellen erhalten. Sofern hier planerisch eingegriffen werden kann und nicht die Ordnungsbehörden zuständig wären, müssen auch diese Punkte berücksichtigt werden .Dabei sollten die ungeliebten Drängelgitter oder ähnliche Maßnahmen jedoch nur der letzte Ausweg sein.

Verbindungswege zu anderen Städten

Die FDP unterstützt die interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarstädten und die Abstimmung mit dem Rhein-Sieg-Kreis.

Diese Zusammenarbeit darf allerdings nicht dazu führen, dass das Radwegenetz sogar noch hinter den bisherigen Stand zurückfällt, wie es zwischen Menden und Troisdorf der Fall ist.

Die Troisdorfer Vorstellungen, die bestehenden Wege nach Sankt Augustin nicht mehr zu ersetzen, lehnen wir ab.

Die vorgeschlagene kleine Lösung einer Anbindung an die Radwege entlang der Sieg ist für uns keine brauchbare Alternative und wäre ein deutlicher Rückschritt. Hier würde eine gewachsene Verbindung, die dem Radverkehr Vorteile bringt, aufgegeben.

Netzschlüsse

Die von den übergeordneten Planungen vorgegebenen Netzschlüsse zwischen den Kommunen und Regionen, auch zu touristischen Zwecken, sollten von der Stadt Sankt Augustin weiterhin aktiv unterstützt werden.

Unter Umständen ergeben sich dabei auch neue Möglichkeiten, den Radfahrern, die durch Sankt Augustin hindurch fahren wollen, einen Anreiz zu bieten, hier auch anzuhalten und ein wenig Zeit in unserer Stadt zu verbringen.

FDP Sankt Augustin

News vom 28.01.2016